Achim von Arnim

Der Mensch ist bald vergessen

Der Mensch ist bald vergessen der Mensch vergißt so bald, der Mensch hat nichts besessen, er sterb‘ jung oder alt. Der Mensch ist bald vergessen, nur Gott vergißt uns nicht, hat unser Herz ermessen, wenn es in Schmerzen bricht. Wir steigen im Gebete zu ihm wie aus dem Tod, sein Hauch, der uns durchwehte, tat unserm Herzen not.

Achim von Arnim

Ritt im Mondschein

Herz zum Herzen ist nicht weit Unter lichten Sternen, Und das Aug‘, von Tau geweiht, Blickt zu lieben Fernen; Unterm Hufschlag klingt die Welt, Und die Himmel schweigen, Zwischen beiden mir gesellt Will der Mond sich zeigen. Zeigt sich heut in roter Glut An dem Erdenrande, Gleich als ob mit heißem Blut Er auf Erden lande, Doch nun flieht er … Weiterlesen …

Johann Gottfried von Herder

Der Neid

Neide nicht, o junges Mädchen, Deiner Schwester Lieblichkeit! Ahme nicht mit heißem Eifer Nach, was die Natur verbeut! Eine Blume, noch im Werden, Sah die Lilie vor sich stehn Und, vergessend ihrer selber (Denn auch sie war hold und schön), Neidet, zürnt sie, brennet ängstig, Lilie zu werden. Weh! Was geschieht? Die arme Blume Wird zu Feuerlilie.

Joseph von Eichendorff

Sehnsucht

Es schienen so golden die Sterne, Am Fenster ich einsam stand Und hörte aus weiter Ferne Ein Posthorn im stillen Land. Das Herz mir im Leib entbrennte, Da hab ich mir heimlich gedacht: Ach, wer da mitreisen könnte In der prächtigen Sommernacht! Zwei junge Gesellen gingen Vorüber am Bergeshang, Ich hörte im Wandern sie singen Die stille Gegend entlang: Von … Weiterlesen …

Achim von Arnim

Einerlei

Ihr Mund ist stets derselbe, Sein Kuß mir immer neu, Ihr Auge noch dasselbe, Sein freier Blick mir treu; O du liebes Einerlei, Wie wird aus dir so mancherlei!

Friedrich Schiller

Der Spaziergang

Sei mir gegrüßt, mein Berg mit dem rötlich strahlenden Gipfel! Sei mir Sonne gegrüßt, die ihn so lieblich bescheint! Dich auch grüß ich, belebte Flur, euch säuselnde Linden, Und den fröhlichen Chor, der auf den Ästen sich wiegt, Ruhige Bläue dich auch, die unermesslich sich ausgießt Um das braune Gebirg, über den grünenden Wald, Auch um mich, der endlich entflohn … Weiterlesen …

Annette von Droste-Hülshoff

Die rechte Stunde

Im heitren Saal beim Kerzenlicht, Wenn alle Lippen sprühen Funken, Und gar vom Sonnenscheine trunken, Wenn jeder Finger Blumen bricht, Und vollends an geliebtem Munde, Wenn die Natur in Flammen schwimmt, – Das ist sie nicht die rechte Stunde, Die dir der Genius bestimmt. Doch wenn so Tag als Lust versank, Dann wirst du schon ein Plätzchen wissen, Vielleicht in … Weiterlesen …

Annette von Droste-Hülshoff

Der Teetisch

Leugnen willst du Zaubertränke, Lachst mir höhnisch in die Zähne, Wenn Isoldens ich gedenke, Wenn Gudrunens ich erwähne? Und was deine kluge Amme In der Dämmrung dir vertraute, Von Schneewittchen und der Flamme, Die den Hexenschwaden braute; Alles will dir nicht genügen, Überweiser Mückensieber? Nun, so laß die Feder liegen, Schieb dich in den Zirkel, Lieber, Wo des zopfigen Chinesen … Weiterlesen …

Annette von Droste-Hülshoff

Die Schwestern

I. Sacht pochet der Käfer im morschen Schrein, Der Mond steht über den Fichten. »Jesus Maria, wo mag sie sein! Hin will meine Angst mich richten. Helene, Helene, was ließ ich dich gehn Allein zur Stadt mit den Hunden, Du armes Kind, das sterbend mir Auf die Seele die Mutter gebunden!« Und wieder rennt Gertrude den Weg Hinauf bis über … Weiterlesen …

Friedrich Schiller

Die Kraniche des Ibykus

Zum Kampf der Wagen und Gesänge, Der auf Korinthus‘ Landesenge Der Griechen Stämme froh vereint, Zog Ibykus, der Götterfreund. Ihm schenkte des Gesanges Gabe, Der Lieder süßen Mund Apoll, So wandert‘ er, an leichtem Stabe, Aus Rhegium, des Gottes voll. Schon winkt auf hohem Bergesrücken Akrokorinth des Wandrers Blicken, Und in Poseidons Fichtenhain Tritt er mit frommem Schauder ein. Nichts … Weiterlesen …